Einen weiteren Traum habe ich mir auf dieser Reise erfüllt: einen Art Workshop im Esalen Institute bei Big Sur! Mandala-Malen als spiritueller Pfad mit dem bekannten Mandala-Künstler Paul Heussenstamm. Nichtdestotrotz hat mir diese Reise Licht und auch Schatten der amerikanischen Kultur gezeigt. Unseren Roadtrip starteten wir in San Diego und reisten in knapp 3 Wochen die Küste entlang nach San Francisco.
Der westliche Teil Kaliforniens zwischen San Diego und San Francisco zeigt sich mit einer sehr schönen Küstenlandschaft, die teilweise durch üppige subtropische Flora besticht, in manchen Landstrichen mit trockenen, hügeligen Graslandschaften überrascht. Am beeindruckensten sind die Redwoods, gigantische Sequoia-Bäume, die mit einem Alter von bis zu 2.000 Jahren aufwarten können. Die Ortschaften und Plätze auf unserem Roadtrip kann man kaum unterschiedlicher erleben. Angefangen mit San Diego, das wie ein steriles Konglomerat von Hochhäusern mit moderner Architektur einfach dorthin gestellt erscheint, ohne Lebendigkeit auszustrahlen oder ein urbanes Lebensgefühl zu vermitteln. Nett sind die reichen Viertel auf der vorgelagerten Coronado Halbinsel, aber das war's dann auch schon. Viele Homeless fallen in den Straßen auf, die nicht nur obdachlos sind, sondern scheinbar auch sehr mitgenommen von exzessivem Drogenmissbrauch. Ein Abstecher an die Mauer bei Tijuana, die zum Schutze Amerikas vor den Menschen aus den mittel- und südamerikanischen Ländern hochgezogen wurde, berührt mich sehr. Die Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen Privilegiert und Ausgestoßen ist immer und überall sicht- und spürbar.Über ein paar Abstecher an schöne Strände wie Dana Point und Laguna Beach geht die Reise weiter nach Los Angeles. Laguna Beach beispielsweise ist einfach ein wunderschönes Örtchen, das besonders durch seine präsente LGTB-Szene auffällt, die auch sonst viel sichtbarer als in Europa ist. Die Gesellschaft zeigt sich aber nicht nur in großer Diversität bzgl. sexueller Ausrichtung, sondern auch in Bezug auf Nationalität. Viele Chinesen und Asiaten aller möglichen Länder sind zu sehen, sowie viele Arbeitskräfte aus dem Mittel-und Südamerikanischen Raum.
In LA, ein riesiges Gebiet mit 4 Mio. Menschen die hier leben, wird die Spaltung der Gesellschaft noch deutlicher sichtbar. Auffallend sind die vielen sehr teuren Autos, die auf den Straßen röhren. Aston Martin, Corvette, Blick und Maseratis stechen mit einer Häufigkeit ins Auge, wie wir es in Europa kaum kennen. Einerseits muss es hier einen gigantischen Kapitalfluss für einige Menschen geben, die Masse der Gesellschaft hingegen rettet sich laut Erzählungen von Einheimischen mit in der Regel 3 Jobs parallel über die Runden Die komplett durch's Sieb gefallenen säumen die Straßen all überall. Hollywood drückt LA natürlich seinen Stempel auf. Downtown die großen Bankenhochhäuser erscheinen etwas lebendiger als in San Diego, aber die Stadt strahlt keine Schönheit oder Harmonie aus. Wenn es auch schöne Straßenzüge gibt in Hollywood und natürlich auch die Villen in Beverly Hills.
Ab Los Angeles wird die Küste langsam immer schöner. Bei Malibu Beach erwartet uns ein Pelikan auf dem Esstisch im Restaurant auf seinem besonderen Pier. Santa Barbara ist aber erste Ort, an dem wir uns wirklich wohlfühlen. Es ist sauber, hübsch, es gibt viel Kunst und hat eine einladende Atmosphäre. Hier könnte ich mir tatsächlich einen längeren Aufenthalt vorstellen. Der Botanische Garten ist zauberhaft und bringt uns das erste Mal in echte Berührung mit den Sequoia-Bäumen.
Solvang, ein dänisch nachempfundenes Dorf, ist zwar hübsch anzusehen, aber eine sehr konservative, geradezu spießige Atmosphäre war ebenfalls zu spüren. Oso Flaco Lake ist ein wunderschönes Wasserschutzgebiet, das einen Eindruck hinterlässt wie wenn man sich in den Dünen der Ostsee aufhalten würde. Morro Bay mit seinem einzigartigen, kraftvollen Felsen im Wasser lädt zu langen Strandwanderungen ein. Alternative Örtchen wie Ojai und Cambria haben eine wohltuende und unterhaltsame Atmosphäre. Die Menschen bestechen überhaupt und im Allgemeinen durch ihre unglaubliche Freundlichkeit. Als deutsche Gäste sind wir sowieso überall besonders willkommen. Außerdem scheint so gut wie jeder Amerikaner, der mir begegnet, deutsche Vorfahren zu haben.
Die Küstenlandschaft in der Gegend um Big Sur wird immer beeindruckender. Esalen Institute hält wirklich was es verspricht, es ist ein kleines Paradies, ein Hideaway zur körperlichen und seelischen Erholung. An manchen Stränden um Big Sur, beispielsweise den Piedras Blancas, kommen Seelöwen zum Häuten an Land, man kann sie hören, sehen und riechen...
Nächste Stopps sind das schöne Carmel-by-the-Sea und das sehr lebendige kleine Küstenstädtchen Capitola, wo wir ein paar ganz besondere Muscheln erstehen. Die Nacht verbringen wir im Henry Cowell Redwoods State Park, in Brookdale, einem richtig kleinen Western-Örtchen in den hügeligen Wäldern des Küstenhinterlandes gelegen - der einzige Ort an dem wir die Vision des ländlichen Amerikas bestätigt bekommen. Im Big Basin Redwoods State Park haben wir keine richtige Freude an dem an sich wunderbaren Wald, denn alle Bäume sind unlängst einem der vielen Brände in Californien zum Opfer gefallen.
San Francisco ist die einzige dieser drei Städte, die einen besonderen und unverwechselbaren Charakter hat. Diese Stadt scheint Geschichte zu haben, gewachsen zu sein und zeigt eine eigene Identität. Die modernen Hochhäuser bestechen durch ihre einzigartige Architektur, ebenso wie die Heights mit der Schönheit ihrer kleinen Holzhäuser bis hin zu toskanischen Villen auftrumpfen. Allerdings ist hier auch die andere Seite der Gesellschaft so unübersehbar verloren, dass es uns zutiefst erschüttert. Wie vor 8 Jahren, als ich das erste Mal hier war, habe ich mir im Hippieviertel eine Batikschlaghose erstanden - neben einigen anderen schönen Kleidern unterwegs auf dieser Reise - nur die Preise liegen nochmal mindestens ein Drittel höher als damals.
Der letzte Tag in Californien war auch nochmal ein eindrücklicher, bemerkenswerter Ausflug: über die Golden Gate Bridge ging es nach Sausalito, ein hübsches Städtchen an der Bay of SFO, danach weiter ins Weinanbaugebiet Napa Valley, eine wunderschöne Landschaft, die teilweise an die Toskana erinnert, gleichzeitig aber auch die trockenen Graslandschaften der Plains abbildet. Der Ort Napa war einer der schönsten auf dieser Reise, die super gepflegten Straßenzüge hätten auch in den noblen Stadtteilen Münchens liegen können. Es hat sich geradezu heimisch angefühlt. Ein letzter Besuch im Muir Redwoods Nationalpark krönte diesen Abschlusstag, dieser Wald ist einfach heilsam und strahlt eine ganz besondere Energie aus.
Letztlich empfinde ich Californien nicht als einen Ort, an dem ich leben wollte. Zuwenige Orte sind tatsächlich schön genug, und wenn sie es sind, dann sind sie so unfassbar teuer in der Lebenshaltung, dass es völlig absurd wäre, wenn man nicht Millionär ist. Die Großverdiener stammen allesamt aus der Tech-Szene um das Silicon Valley, dort fließt das Geld in Strömen, dort werden die neuesten technischen Errungenschaften für die westliche Welt ausgebrütet - und dort ist auch das Bewusstsein entstanden, dass sie, die Erfinder und Entwickler, mit ihren Ideen über die Welt und das Sein die Herrschaft erlangen können und dies auch wollen. Dieses fehlgeleitete Anspruchsdenken hat hier eine ihrer Wurzeln geschlagen und breitet sich über die ganze Welt aus, in gleicher Art und Weise wie dieser gesamte Kontinent von dieser Spezies okkupiert wurde deren Ureinwohner fast ausgelöscht wurden. Der gleiche Geist lebt hier weiter und versucht sich weiter auf diesem Planeten auszubreiten, die bestehenden Strukturen zu untergraben und sich einzuverleiben. Sie sind wie ein Ableger Europas - wir sind der alte Stamm dieses Baums, mit langer Historie und Kultur, und sie die neuen Pflanzen, die das Bestehende überwuchern, da sie dort besonders gute Lebensbedingungen gefunden haben. Dies mündete in den Größenwahn eines Bill Gates und Konsorten, samt den anderen Vertretern des Geldadels und den Politikern, die sich seit Jahrhunderten von ihnen bezahlen lassen und helfen ihre Machenschaften umzusetzen. Das ist auch eine Seite Californiens.