Ein direkter Weg dorthin ist laut Ramana durch stetes Hinterfragen unserer Gedanken – des Geistes – zu erreichen, denn der wahre Guru, dem wir folgen sollen, liegt in uns selbst, in unserem eigentlichen Selbst und das können wir alleine finden. Der andere Weg zur Erleuchtung ist laut Ramana „Bhakti“, das bedingungslose Ergeben in das Schicksal. Das funktioniert jedoch nur, wenn man jeglichen Glauben an Individualität und einen freien Willen loslässt und sich völlig der höheren Macht, dem Schicksal oder Gott, hingibt, sich ihm unterwirft, seine Hilflosigkeit anerkennt und dabei jeden Gedanken an ‚ich’ und ‚mein’ aufgibt. „Wahre Hingabe ist die Gottesliebe um der Liebe Willen und um nichts anderes, nicht einmal um Erlösung zu erlangen oder darum zu bitten“, sagt der Guru Ramana Maharshi.
Der Besuch der Höhlen des Ramana Maharshi war für mich ein ebenfalls prägendes Erlebnis: die Energie des Heiligen ist dort so präsent – auch wenn er schon mehr als 100 Jahre dort nicht mehr lebt – dass seine Erkenntnisse in der Höhle auch ohne vorheriges Wissen über seine Lehre für meditierende und offene Geister leicht zugänglich und erfahrbar sind.
Ein anderes Mal bestiegen wir in kleiner Gruppe den Berg bis zum Gipfel. Aufbruchszeit für die Wanderung war um 5 Uhr morgens, damit wir nicht allzu lange in der Mittagshitze wandern müssten. Der Aufstieg mit dem Guide dauerte knapp 4 Stunden. Wir mussten über glatte Felsabbrüche balancieren, uns steile Klippen hinaufziehen und unter übereinander gestürzten Felsblöcken durchzwängen – ein wahrhaft anstrengender und keineswegs leichter Aufstieg. Oben angekommen gab es eine kleine Hütte, die vor schlechtem Wetter ein wenig Schutz bot. Unser Guide erzählte, dass er in früheren Zeiten für einige Jahre täglich hier herauf marschierte, um seinem Guru, der hier für viele Jahre lebte, Nahrung zu bringen. Er benötigte nach einiger Zeit für den Auf- und Abstieg circa 2 Stunden! Wir brauchten nochmal gute 3 Stunden um den Weg wieder zurückzufinden an den Fuß des heiligen Berges und kamen erschöpft aber wohl gelaunt unten an. Es war das erste Mal nach meiner Rückenoperation mit einem leicht hinkenden linken Bein, dass ich in der Lage war, so einen Gewaltmarsch zu bewältigen. Ich betete fast den ganzen Weg über zu Shiva und bat um Erweiterung meiner körperlichen Grenzen. Am Ende musste ich zwar unterstützt werden, um heil herunterzukommen, aber diese Wanderung übersteigt auch rückblickend jegliche andere alpine Herausforderung, die ich zuvor und auch danach bewältigt hatte.
Das also sind die Kräfte Shivas, seiner Emanationen und der zugeordneten Elemente, die wir in diesem Land eindringlich erfahren können. Ich sage immer, eine Reise nach Indien lässt Dich anders zurückkommen, als Du hingefahren bist. Indien transformiert den Geist, die Seele und den Körper. Ein Land, das über enorme spirituelle Kräfte verfügt, wenn wir uns denn darauf einlassen können, sie uns bewusst machen und bereit sind, uns ihnen hinzugeben.